Soll ich das Studium abbrechen?

13. Februar 2022by Irmhild

Paula ist Studentin der Medizintechnik und nach zwei Jahren digitalem Studium ist sie ziemlich am Ende. Sie überlegt, ob sie das Studium aubbrechen soll. Allerdings hat sie auch keine Idee für eine Alternative. Deshalb will sie im Lerncoaching erstmal in Ruhe klären, ob es überhaupt richtig ist, das Studium jetzt abzubrechen.

Eine genau Analyse ist hier hilfreich.

Mit der Skala nach Maja Storch sprechen wir als erstes darüber, wie die Lage im Moment aussieht.

Auf der 1. Skala von 1-10 gibt sie eine 5 an auf die Frage, wie sehr sie sicher ist, das Studium fortzusetzen.
Auf der 2. Skala von 1-10 gibt sie ebenfalls eine 5 an auf die Frage, wie wenig sicher sie ist, das Studium weiterzuführen.

Mit einer Pattsituation kann der Mensch nur schlecht umgehen.

Das war ihr vorher gar nicht so klar gewesen, erklärt aber, weshalb sie bisher keine Entscheidung für einen Studienabbruch getroffen hatte. Nur hatte sie dabei nicht bedacht, dass keine Entscheidung auch eine Entscheidung ist.

Deshalb sprechen wir als nächstes ausführlich darüber, was ihr am Studium gut gefällt und was ihr in der aktuellen Situation am meisten fehlt, damit sie sicher sein kann, dass Weitermachen die richtige Entscheidung ist. Bei der Auflistung der Dinge, die ihr am Studium gefallen, fiel vor allem auf, dass es schon die Inhalte sind, die sie begeistern. Auch der Sinn des Studiums ist etwas, was ihre Motivation sehr hoch hält. Mit den Anforderungen des Studiums war sie zu Beginn gut zurecht gekommen, allerdings hält sie das aktuelle Semester mit den Inhalten sehr am Schreibtisch fest. Ihr fällt es jetzt nicht mehr so leicht, den Stoff zu lernen.

Als Zweites sprechen wir darüber, was ihr am meisten fehlt. Dabei fällt auf, dass sie sich zwischendurch einsam fühlt und auch Heimweh hat. Ihr Freund Lennart wohnt noch in der Heimatstadt und erzählt regelmäßig, was die kleine Gruppe von Freunden dort regelmäßig unternimmt während der Einschränkungen durch die Pandemie. Da wäre sie natürlich eigentlich gern dabei.

Ich erkläre ihr, dass es jetzt eine Möglichkeit ist, sich erstmal zu überlegen, welche Entscheidungen denn grundsätzlich möglich wären. Bisher war sie immer von zwei Entscheidungsmöglichkeiten ausgegangen. Es sind aber mindestens 3 Möglichkeiten, meistens mehr, die zur Wahl stehen. Zusammen überlegen wir: 1. Möglichkeit: Studium abbrechen, Alternative suchen – 2. Möglichkeit: Studium weiterführen – 3. Möglichkeit: Studium in die Heimatstadt verlegen –
4. Möglichkeit: Studium an der gleichen Uni weiterführen und parallel Freunde finden –

Wir hatten ein online Coaching vereinbart, deshalb nehme ich jetzt die 2. Kamera dazu und visualiere die Situation für Paula.

Skala_Sketchnotes
Die Affektbilanz

 

Nacheinander fühlt sie sich jetzt in die verschiedenen Möglichkeiten ein und versucht sich vorzustellen, wie es ihr gehen würde, wenn sie…….

Nach und nach wird Paulas Blick immer klarer und ich brauche bei der 3. Möglichkeit schon gar keine Frage mehr stellen, sondern Paula sprudelt nur so mit ihrer Beschreibung, wie es ihr mit den Lösungsmöglichkeiten geht. Parallel erzählt sie, dass sie eigentlich jemand ist, der sich nicht gut entscheiden kann und so haben wir schon einen Grund, weshalb sie in diese Situation gekommen ist.

Im nächsten Schritt lasse ich Paula wieder auf die Skala schauen und frage sie, ob sich etwas geändert hat. Sie schaut mich an und sagt mit großer Sicherheit: Ja, die Skala hat sich auf beiden Seiten verschoben: die Sicherheit, das Studium weiterzumachen ist gestiegen und die Sicherheit, das Studium abzubrechen ist gesunken.

Ich mache weiter.

Manchmal ist es eben wichtig, sich alle Möglichkeiten genau anzusehen, sich einzufühlen und sich nicht sofort für eine zu entscheiden.
Zum Abschluss überlegen wir zusammen, was sie ändern will, damit es ihr insgesamt mit der Entscheidung gut gehen kann.